Teach the Teacher
Christina Hasenhüttl war TFA Fellow 2017 und arbeitet jetzt als TFA Alumna am Zentrum für Lehrer:innenbildung der Universität Wien in der Bildungsforschung.
TFA: Du warst TFA-Fellow in der Mittelschule. Was waren dort deine größten Herausforderungen und was hast du dabei gelernt?
CH: Meine größte Herausforderung als TFA Fellow an einer Wiener Mittelschule war die Erkenntnis, dass der noch so große Einsatz einer bzw. vieler Lehrkräfte kein ungerechtes Bildungssystem wettmachen kann. Obwohl das Engagement einer Lehrkraft die eigenen Schüler:innen und deren Bildungswege inspirieren und beeinflussen kann, war mein Eindruck, dass es im jetzigen System leider niemals möglich sein wird, dies für alle Schüler:innen zu tun. Diese Erkenntnis war ernüchternd und frustrierend und somit meine größte Herausforderung an der Schule, was auch letztendlich eine der Gründe war, warum ich das Schulsystem als Lehrerin verlassen habe. Diese Erkenntnis war aber auch ein Katalysator mich weiterhin für Bildungsgerechtigkeit in Österreich einzusetzen und somit zu versuchen das System nachhaltig und positiv zu verändern. Eine Rückkehr in die Schule möchte ich zukünftig aber auch nicht ausschließen, denn die Arbeit mit Kindern ist unvergleichbar.
TFA: Worauf warst du als Lehrkraft besonders stolz?
CH: Auf meine Beziehungen zu meinen Schüler:innen. Wenn Bildung auf einer Basis von Vertrauen, Respekt, und gegenseitigem Austausch basiert, ist im Klassenzimmer so viel (mehr) möglich. Besonders in meiner kleineren Mehrstufenklasse, in der ein Großteil meiner Schüler:innen Fluchtbiographien haben, war der Beziehungsaufbau essenziell. Schüler:innen mit ihren Träumen, Stärken und Eigenheiten zu unterrichten und durchs Jahr zu begleiten ist sehr inspirierend. Erst vor drei Wochen hatten wir ein kleines Klassentreffen mit unseren ehemaligen Schüler:innen. Das Wiedersehen war sehr herzlich und es war wunderbar zu hören was sie nun nach der Mittelschule machen und wie sich alle weiterentwickelt haben.
TFA: Was genau machst du jetzt beruflich?
CH: Nach meinen zwei Fellowjahren habe ich meinen Master in vergleichenden Bildungswissenschaften an der University of Oxford abgeschlossen und für zwei Jahre in Oxford an der Uni gearbeitet. Seit Herbst 2023 bin ich wieder in Österreich und arbeite nun am Zentrum für Lehrer:innenbildung an der Uni Wien in der Bildungsforschung. In meiner Stelle wollte ich ursprünglich die Daten der Individuellen Kompetenzmessung (IKM+) analysieren. Jedoch ist es in Österreich, anders als in England, nicht möglich (einfach) an Bildungsdaten zu kommen. Deshalb liegt mein Fokus nun auf dem Übertritt zwischen Volksschule und Sekundarstufe I. Hier erforschen wir die Verbindung zwischen Heterogenitätsdimensionen und Schulübertrittsempfehlungen von Volksschul-Lehrkräften. Für Schüler.innen die nach der Volksschule in die AHS übertreten wollen, aber nicht die notwendigen Leistungen (mindestens ein Gut in Deutsch und Mathematik) haben, können Lehrkräfte eine Empfehlung für die AHS aussprechen. Wir schauen uns an welche Schüler.innen solche Empfehlungen erhalten.
Neben der Lohnarbeit findet man mich täglich in meinem Töpferstudio, wo ich großteils Gebrauchskeramik und teilweise auch konzeptionelle Arbeiten herstelle. Es ist nicht auszuschließen, dass ich mich zukünftig intensiver mit der Keramik auseinander setzen werde.
TFA: Was genau sind deine Aufgaben? Wie schaut ein Arbeitstag bei dir aus?
CH: In den ersten paar Monate ging es darum unsere Studie thematisch einzugrenzen und zu sehen, welchen Fokus wir bzw: welche Forschungsfragen wir beantworten möchten. Nach der ersten Eingewöhnugsphase arbeite ich zurzeit an meiner Literaturrecherche. Das heißt ich lese viele wissenschaftliche Publikationen zu meinem Thema und tauche tiefer in die Materie ein. Weiters arbeite ich an der Bewerbung für die Ethikkommission und bereite meine Lehre für den Herbst vor. Meine Lehrveranstaltung wird sich mit dem Thema Heterogenität im Klassenzimmer sowie Classroom Management beschäftigen und richtet sich an angehende Lehrkräfte.
TFA: Wärst du denkst du ohne Teach For Austria den selben Weg gegangen, den du jetzt gegangen bist?
CH: Das ist schwer zu sagen. Ich glaube aber fest daran, dass all meine bisherigen Erfahrungen, inklusive meiner Zeit an der Schule als Teach for Austria Fellow meine Leidenschaft für Bildung tief mitgeprägt haben.
TFA: Inwiefern nutzt du das Netzwerk von Teach For Austria?
CH: Einerseits bin nach wie vor mit einigen Freundinnen und Freunden aus dem Fellowprogramm in (engem) Kontakt. Des Weiteren finde ich es sehr spannend, dass sich in den vielen vielen Bildungsinitativen in Österreich fast immer Teach for Austria Alumni finden. Somit trifft man, wenn man im österreichischen Bildungssektor arbeitet, immer wieder bekannte Gesichter.
TFA: Was sind deine Pläne für die Zukunft?
CH: We shall see 😊
— Juli 2024