Nurettins Weg von der Politikberatung über TFA bis zu PwC
Nurettin Yigit, TFA Alumnus und Leiter des PwC-Stiftungsteams in Düsseldorf, hat einen beeindruckenden Werdegang, der ihn von der Politikberatung über Teach For Austria bis an die Spitze einer renommierten Stiftung geführt hat. Mit seinem Hintergrund in Politikwissenschaft, Volkswirtschaft und Orientalistik bringt er eine einzigartige Perspektive in seine Arbeit und setzt sich für eine chancengerechtere Bildung ein.
Lieber Nurettin, Du warst TFA-Fellow zwischen 2015 und 2017. Wo hast Du das erste Mal von Teach For Austria gehört und warum hast Du Dich damals entschieden, Dich für das zweijährige Social Leadership Programm von Teach For Austria zu bewerben?
Ich bin 2014 nach Wien gezogen und habe im Rahmen einer Tätigkeit erstmals von Teach For Austria gehört. Die Idee, nicht nur über Bildungsungleichheit zu reden, sondern selbst Verantwortung zu übernehmen, hat mich sofort angesprochen. Ich wollte nicht jener Mensch sein, der sich am Stammtisch über „die Bildung“ beklagt, sondern jemand, der aktiv Teil der Lösung wird. In meiner eigenen Biografie hatte ich viel Glück und starke Unterstützer:innen. Ich wollte etwas davon zurückgeben und jungen Menschen — besonders jenen mit Zuwanderungsgeschichte — als verlässliche Bezugsperson und als Role Model zur Seite stehen.
Du warst dann TFA-Fellow in der Mittelschule. Was waren dort Deine größten Herausforderungen und was hast Du dabei gelernt?
Der Wunsch, sofort etwas zu verändern, trifft schnell auf die Realität eines komplexen Systems. Die größten Hürden waren administrative Vorgaben, die wenig Spielraum gelassen haben. Gleichzeitig habe ich gelernt, wie viel möglich wird, wenn man das System versteht, strategisch denkt und gute Allianzen innerhalb der Schule aufbaut.
Nurettin Yigit hat Politikwissenschaft, Volkswirtschaft sowie Orientalistik an der Philips-Universität Marburg sowie Internationale Beziehungen an der American University of Beirut studiert. Er war TFA-Fellow 2015 und ist aktuell Leiter des PwC-Stiftungsteams in Düsseldorf. Zuvor arbeitete er in unterschiedlichen Stationen in der Privatwirtschaft und in der Politikberatung.
Was genau hast Du vor dem Programm studiert (und beruflich gemacht) und welche Fächer hast Du an der Mittelschule unterrichtet? Wie hat Dich Dein Studium- (und Arbeits-Background) als Fellow in der Mittelschule geprägt?
Ich habe Politik, VWL und Orientwissenschaften an der Philipps-Universität Marburg und der American University of Beirut studiert und war in politischer Beratung tätig. Als Fellow habe ich u. a. Deutsch, GWK, Informatik und DaF/DaZ unterrichtet. Mein analytischer und interdisziplinärer Hintergrund hat mir geholfen, die Strukturen in der Schule schnell zu verstehen und wirksam Beziehungen aufzubauen.
„Ich wollte nicht jener Mensch sein, der sich am Stammtisch über ‚die Bildung‘ beklagt, sondern jemand, der aktiv Teil der Lösung wird.“
Inwiefern hast Du von der 12-wöchigen Sommerakademie als Vorbereitung und dem regelmäßigen individuellen Coaching durch Deine Trainerin/Deinen Trainer profitiert?
Die Sommerakademie war für mich eine unglaublich intensive Zeit: fachlich, persönlich und zwischenmenschlich. Man arbeitet zwölf Wochen lang mit Menschen zusammen, die alle denselben inneren Antrieb haben — das schafft eine besondere Energie.
Das Coaching war für mich essenziell. Meine Trainer:innen haben mir nicht nur pädagogisches Rüstzeug mitgegeben, sondern mir auch geholfen, meine Rolle zu reflektieren, meine Stärken zu erkennen und Unsicherheiten anzusprechen. Diese Art der persönlichen Begleitung trägt mich bis heute.
Worauf warst Du als Lehrkraft besonders stolz? Erzähle uns gerne Erfolgsgeschichten von Deinen Schüler:innen? Wie hatte Dein Wirken Impact? Hast Du noch Kontakt zu Deinen Schüler:innen?
Es ist ein echtes Privileg, junge Menschen ein Stück ihres Weges begleiten zu dürfen. Viele Gespräche mit ihnen werde ich nie vergessen — kleine Momente, in denen man merkt, wie sie wachsen, Mut fassen, sich selbst ernst nehmen.
Ich habe auch heute noch Kontakt zu einigen meiner ehemaligen Schüler:innen. Zu sehen, wie sie ihren Weg gehen — beruflich wie persönlich — erfüllt mich mit enormer Dankbarkeit. Sie sind zu reflektierten, starken Persönlichkeiten herangereift. Zu wissen, vielleicht einen kleinen Beitrag dazu geleistet zu haben, bedeutet mir sehr viel.
Was genau machst Du jetzt beruflich?
Ich verantworte als Leiter des PwC-Stiftungsteams die operative Tätigkeit der PwC-Stiftung. Diese gemeinnützige Stiftung zur Förderung der Jugendbildung wurde 2002 von der Partnerschaft der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) in Deutschland gegründet.
„Leadership heißt für mich, Menschen zu sehen – wirklich zu sehen – und ihnen den Raum zu geben, zu wachsen.“
Wärst Du denkst Du ohne Teach For Austria denselben Weg gegangen, den Du jetzt gegangen bist?
Höchstwahrscheinlich nicht. Teach For Austria hat meinen Blick auf Bildung radikal verändert. Zum ersten Mal habe ich das System nicht aus der Perspektive eines Schülers, sondern eines Gestalters erlebt. Und es hat mich nicht mehr losgelassen. Dass ich heute an der Spitze einer Bildungsstiftung arbeite, ist direkt mit dieser Erfahrung verbunden.
Inwiefern profitierst Du von dem Social Leadership Programm in Deinem heutigen beruflichen Alltag?
Sehr. Vor allem im Umgang mit meinem Team und in der Zusammenarbeit mit Partnern. Viele Führungsprinzipien, die ich heute lebe, haben ihren Ursprung in dieser Zeit.
„Die größten Hürden waren administrative Vorgaben, die wenig Spielraum gelassen haben. Gleichzeitig habe ich gelernt, wie viel möglich wird, wenn man das System versteht, strategisch denkt und gute Allianzen innerhalb der Schule aufbaut.“
Wie nutzt Du das Netzwerk von Teach For Austria? Was ist das Besondere an der TFA Community und der internationalen Teach For All Community?
Ich bin regelmäßig im Austausch mit meinem Fellow-Jahrgang. Wir haben uns alle weiterentwickelt, bringen heute unterschiedliche Perspektiven mit — und gerade das macht die Gespräche so wertvoll.
Was sind Deine Pläne für die Zukunft?
Ich möchte weiterhin dazu beitragen, Bildung chancengerechter zu gestalten. In welcher Rolle genau, wird sich zeigen — aber der Bildungsbereich ist mein berufliches Zuhause geworden.
Was würdest Du einer Person raten, die gerade mit dem Gedanken spielt, zwei Jahre das Social Leadership Programm von Teach For Austria zu machen?
Mach es – eine intensive, prägende Zeit, die beruflich und persönlich viel in Bewegung setzt. Man lernt unglaublich inspirierende Menschen kennen und erlebt, wie sinnstiftend Arbeit sein kann, wenn man an einem Thema wirkt, das größer ist als man selbst.
Und noch als Abschluss: Was bedeutet Leadership persönlich für Dich?
Leadership heißt für mich, Menschen zu sehen – wirklich zu sehen – und ihnen den Raum zu geben, zu wachsen.
Danke für das Gespräch!
Dezember 2025