Vom Social Leadership Programm nach Harvard
Hannes Aichmayr war Teach For Austria Fellow 2016 an einer Mittelschule und schnell als Klassenvorstand tätig. Er hat Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Wirtschaftsuniversität Wien sowie Education Policy an der Harvard University studiert. Im Interview erzählt er darüber wie ihm das Social Leadership Programm von TFA auf seine jetzige Karriere vorbereitet hat.
TFA: Lieber Hannes, Du warst TFA-Fellow 2016. Wo hast Du das erste Mal von Teach For Austria gehört und warum hast Du Dich damals entschieden, Dich für das zweijährige Social Leadership Programm von Teach For Austria zu bewerben?
HA: Ich hatte von TFA bereits über einen Workshop an meiner Uni erfahren und zudem war ein Freund von mir Fellow 2015 und konnte mir von seinem Alltag in der Schule und dem TFA Programm erzählen. Da ich selbst aus einer klassischen Arbeiterfamilie komme und damals auf der Suche nach einem Job mit Sinn, Wirkung und großer Lernerfahrung war, hat mich das Programm direkt überzeugt.
Was waren Deine größten Herausforderungen an der Mittelschule und was hast Du gelernt?
Ich war 2016 der erste TFA-Fellow an meiner Mittelschule und durfte zudem direkt eine Klasse als Klassenvorstand übernehmen. Dies in Kombination mit meinem eigenen Anspruch, meinen Schülerinnen und Schülern abwechslungsreichen und differenzierten Unterricht zu bieten, führte anfangs zu vielen Momenten der Überforderung und der Frage, ob die Entscheidung fürs Unterrichten die richtige gewesen sei. Glücklicherweise bekam ich von meiner Trainerin aber auch aus meinem Kollegium großartige Unterstützung und es wurden letztendlich zwei meiner bisher spannendsten, aufregendsten und erfüllendsten Berufsjahre. Letztendlich konnte ich ungemein viel über den Umgang mit anderen Menschen und auch über mich selbst lernen.
Zur Person
Hannes Aichmayr hat Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Wirtschaftsuniversität Wien sowie Education Policy an der Harvard University studiert. Vor seiner Zeit als Fellow hat er Erfahrung in der Strategieberatung gesammelt. Nach unterschiedlichen Stationen an der Schnittstelle zwischen Privatwirtschaft und Bildung ist er heute Director Corporate Development bei der Sdui Gruppe und Geschäftsführer von Fox Education.
Was genau hast Du vor dem Programm studiert (und beruflich gemacht) und welche Fächer hast Du an der Mittelschule unterrichtet? Wie hat Dich Dein Studium- (und Arbeits-Background) als Fellow in der Mittelschule geprägt? Was machst Du jetzt beruflich?
Ich habe davor einen Bachelor in Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Wirtschaftsuniversität Wien absolviert und hatte danach kurz in der Strategieberatung gearbeitet (siehe auch vorhin mein Hinweis auf einen Job mit Sinn, Wirkung und großer Lernerfahrung ;)). An der Mittelschule habe ich vor allem Mathematik sowie Geographie und Wirtschaftskunde unterrichtet. Aufgrund meiner Rolle als Klassenvorstand aber auch einige andere Fächer wie zum Beispiel Informatik (so hieß es damals zumindest noch), Geschichte und technisches Werken. Ich weiß nicht, ob das an meinem Studien- und Berufshintergrund lag oder nicht, aber ich wollte meinen Schülerinnen und Schülern auch Erfahrungen außerhalb der Schule ermöglichen und auch meiner Schule etwas Bleibendes hinterlassen. So konnte ich mit meinen SuS zum Beispiel ein Buch verfassen und eine Lesung im Theater in der Josefstadt abhalten oder auch Förderungen für die Anschaffung eines 3D Druckers sowie eines Klassensatzes Raspberry PIs einsammeln und ein entsprechendes Freifach an der Schule einführen.
"Das Social Leadership Programm hat mir definitiv geholfen gute Fähigkeiten im Bereich der Team- und Menschenführung aufzubauen und mit unterschiedlichsten Stakeholdern zu arbeiten. Das kann ich auch in meinem heutigen Joballtag nutzen."
Inwiefern hast Du von der 12-wöchigen Sommerakademie als Vorbereitung und dem regelmäßigen individuellen Coaching durch Deine Trainerin/Deinen Trainer profitiert?
Das Coaching meiner Trainerin und die regelmäßige Unterstützung waren vor allem anfangs, für das Ankommen in der Schule, unersetzbar. Die Sommerakademie war ein guter Pädagogik Crashkurs und hat durch die erste Unterrichtserfahrung Lust auf mehr gemacht. Zudem haben die 12 Wochen unseren Fellow-Jahrgang wirklich zusammengeschweißt. Das zeigt sich bis heute.
Worauf warst Du als Lehrkraft besonders stolz? Erzähle uns gerne Erfolgsgeschichten von Deinen Schüler:innen? Wie hatte Dein Wirken Impact? Hast Du noch Kontakt zu Deinen Schüler:innen?
Einer meiner stolzesten und kitschigsten Momente war vor einigen Jahren, als ich auf einer Veranstaltung einer anderen Bildungs-NGO war und dort eine ehemalige Schülerin, die 2016 mit 14 Jahren mit ihrer Familie aus Afghanistan geflohen war und zu mir in die Klasse kam, eine kurze Rede gehalten hat. Ohne zu wissen, dass ich im Publikum saß, hat sie sich bei mir als ehemaligen Lehrer bedankt und es hat sich herausgestellt, dass sie inzwischen maturiert hatte und kurz vor Start des Studiums stand. Das zu sehen und zu hören hat mich wirklich stolz gemacht zu Tränen gerührt. Zu manchen Schülerinnen und Schülern habe ich heute auch noch sporadisch Kontakt und für mich ist es immer wieder ein „Reminder“ wie lange meine Fellow-Zeit bereits zurückliegt, wenn sie mich auf einmal auf LinkedIn anschreiben.
Was genau machst Du jetzt beruflich?
Meine Jobbezeichnung ist Director Coporate Development bei der Sdui Group und zudem bin ich Geschäftsführer bei unserem Wiener Tochterunternehmen Fox Education. Wir bieten Softwarelösungen für Schulen und Lehrkräfte im Bereich Administration, Kommunikation und Organisation um den Schulalltag digitaler, einfacher und effizienter zu gestalten. Inzwischen erreichen wir etwa 30.000 Schulen und 8 Millionen Schüler:innen und Lehrkräfte in Europa..
Hannes in seiner Zeit als TFA Fellow
Wärst Du denkst Du ohne Teach For Austria denselben Weg gegangen, den Du jetzt gegangen bist?
Mit Sicherheit nicht. Teach for Austria war für mich der Anstoß für eine Karriere im Bildungsbereich.
Inwiefern profitierst Du von dem Social Leadership Programm in Deinem heutigen beruflichen Alltag?
Das Social Leadership Programm hat mir definitiv geholfen gute Fähigkeiten im Bereich der Team- und Menschenführung aufzubauen und mit unterschiedlichsten Stakeholdern zu arbeiten. Das kann ich auch in meinem heutigen Joballtag nutzen.
"Leadership bedeutet für mich, Menschen in meinem Umfeld zu ermöglichen, ihre Ziel zu erreichen, das Beste aus sich herauszuholen und dabei mit gutem Beispiel voranzugehen."
Wie nutzt Du das Netzwerk von Teach For Austria? Was ist das Besondere an der TFA Community und der internationalen Teach For All Community?
Egal welche bildungs-, schul- oder systemrelevante Frage aufkommt, im Teach for Austria und Teach for All Netzwerk findet sich immer jemand der/die weiterhelfen und mit Erfahrung aus erster Hand dienen kann. Ich habe kein anderes Netzwerk, wo die Offenheit und Hilfsbereitschaft so groß sind und die Kontakte nach einigen Jahren noch immer so eng sind.
Was sind Deine Pläne für die Zukunft?
Ich möchte weiterhin Wirkung im Bildungsbereich entfalten und den schulischen Alltag von Lehrkräften und Schüler:innen besser machen. Mein Ziel ist es, dass wir in den nächsten Jahren mit unseren Softwarelösungen 100 Millionen Schüler:innen und Lehrkräfte erreichen.
Was würdest Du einer Person raten, die gerade mit dem Gedanken spielt, zwei Jahre das Social Leadership Programm von Teach For Austria zu machen?
Mach es einfach! Zwei Jahre kann man kaum besser investieren!
Und noch als Abschluss: Was bedeutet Leadership persönlich für Dich?
Menschen in meinem Umfeld zu ermöglichen, ihre Ziel zu erreichen, das Beste aus sich herauszuholen und dabei mit gutem Beispiel voranzugehen.
Danke für das Gespräch!
November 2025