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Unterwegs in anderen Schulgalaxien: ReachFeltham Academy

Eine Story von Gebhard Ottacher, Geschäftsführer von Teach For Austria

Ein Bildungs(t)raum aus Backstein?

Ein Zweckbau aus Backstein. Was sonst, wir sind in London. Das also ist ReachFeltham Academy – die Schule, die letztes Jahr im britischen Ranking des Lernzuwachses der 11 – 16 Jährigen unter 6.000 Schulen Platz Nummer 15 belegt hat.

Feltham ist eine klassische Low-Income Community im Londoner Westen, nicht weit vom Flughafen Heathrow. Nicht so bekannt wie andere Londoner “Problembezirke”, wie Hackney oder Tower Hamlets, aber mit denselben Herausforderungen: Armut, Arbeits- und Perspektivlosigkeit. Wer kann, zieht von hier weg.

Zwei ehemalige Lehrkräfte wollten ausgerechnet hier eine Schule gründen. Ed Vainker ist einer der beiden. Er ist Mitte 30, trägt eine Nerd-Brille und empfängt mich in Anzug und Krawatte. Seit sechs Jahren leitet er die Schule. In den Lehrberuf kam er über Umwege, als Quereinsteiger über das Programm TeachFirst UK. Gemeinsam mit Rebecca Cramer, einer weiteren ehemaligen TeachFirst Lehrerin schrieb er 2011 eine 470-seitige Bewerbung an das britische Bildungsministerium. Zentrale Bedingung für die beiden:  Es muss eine “all through” Schule werden, also eine für Kinder vom zweiten bis zum achtzehnten Lebensjahr. Sie konnten damit überzeugen und die beiden bekamen die Bewilligung für einen 11 Millionen Pfund teuren Schulneubau.

“Diese Entscheidung war wichtig, denn an den Schnittstellen zwischen Kindergarten, Volks- und Sekundarschule geht zu viel verloren, das können sich unsere Kinder nicht leisten”, sagt Ed heute dazu.

 

Klein aber outstanding

In jedem Jahrgang gibt es zwei Klassen mit jeweils 30 Schüler*innen. Mit 900 Schulplätzen ist die Schule für britische Verhältnisse eher klein. Die Schüler*innen sind repräsentativ für Feltham. Ungefähr 60 % sprechen zu Hause nicht Englisch, jedes Jahr kommen rund vier Schüler*innen an die Schule, die noch gar kein Englisch sprechen. 46 % der Schüler*innen fallen in die Kategorie “Pupil premium”, kommen also aus den ärmsten Familien Großbritanniens. Für diese Schüler*innen bekommt die Schule zusätzliches Geld. Dasselbe gilt für die rd. 7 % Schüler*innen mit staatlich anerkanntem besonderen Förderbedarf.

Spätestens seitdem die britische Schulbehörde OFSTED Reach Feltham im Jahr 2014 in allen Kategorien mit “Outstanding” eingestuft hat, wollen immer mehr Eltern mit ihren Kindern in diese Schule. Deswegen werden Schulplätze auf Lotteriebasis in einem Einzugsradius von 1 ½ Meilen um die Schule vergeben.

Ed führt mich zu seinem Büro. Im Stiegenhaus hängt ein Spruch von Ghandi: “The future depends on what we do in the present.” Zwei Wände weiter sind großformatig zwei Köpfe plakatiert, im einen steht “Growth Mindset”, im anderen “Fixed Mindset”. Ich habe keine Zeit weiterzulesen, Ed zieht mich in den Lift.

 

Keine Zeit zu verlieren

Ed ist ein Mann in Eile. Zügig führt er mich durchs Schulhaus. Im Vorbeigehen ruft er Schüler*innen etwas zu:

“Megan, super Präsentation letzten Freitag. Blake, hast Du Dein Projekt schon fertig?” Er scheint  alle 900 Namen zu kennen. “Ich muss ihre Namen kennen, nur so kann ich wirklich gut mit ihnen arbeiten” beantwortet er meine erstaunte Frage.

Diese Dringlichkeit, die sagt “wir haben keine Zeit zu verlieren”, begegnet mir auch in den zwölf Klassen, die ich in den folgenden zwei Tagen besuche. Jedes Mal, wenn Ed und ich durch die Tür kommen, schauen Lehrer*innen und Schüler*innen nicht mal auf. Sie scheinen daran gewöhnt zu sein, dass der Schulleiter unangekündigt in die Klasse kommt, Kinder befragt und sich zwischendurch auch in den Unterricht einbringt. Wir bleiben jedesmal nur 5 bis 15 Minuten. “Die Zeit reicht, um zu sehen, ob das Niveau hoch genug ist und die Kinder dabei sind oder nicht”, werde ich instruiert.

 

Lernen die Kinder so viel wie sie könnten?

Die 9-Jährigen beschäftigen sich gerade mit Winkeln, auf kleinen Whiteboards konstruieren sie Dreiecke. Die Lehrerin nimmt die Arbeitsprobe von Teigan und hält sie unter den “Visualizer”, eine kleine Kameralampe, deren Bild auf das große Whiteboard projiziert wird. Am Whiteboard (Kreidetafeln gibt es hier keine) macht sie dann Anmerkungen und beschriftet Teigans Dreieck gemeinsam mit der Klasse.

Der Visualizer ist auch bei den 12-Jährigen im Einsatz. Dort wird gerade ein Sonett von  Shakespeare analysiert. Der Lehrer hat es auf das Whiteboard projiziert und markiert die einzelnen Teile. Danach können die Schüler*innen dem Lehrer dabei zusehen, wie er in sein Heft ein eigenes Sonett schreibt.“ Mit Hilfe des Visualizers können Lehrkräfte viel schneller schreiben als an der Tafel. Das spart Zeit.”, flüstert mir Ed zu.

In der Klasse sehe ich zwei Lehrer – “Ist das ein Teamteacher?”, frage ich. “Nein, wir machen kein “Team Teaching” – zu teuer.“ kommt zurück. “Wir haben aber manchmal Teaching Assistants oder Trainee Teachers in den Klassen.”

Woran er guten Unterricht erkennt, will ich wissen. “Lernen die Kinder so viel wie sie könnten?” kommt seine Gegenfrage.

Bei den 6-Jährigen herrscht gerade geschäftiges Treiben. Die Schüler*innen arbeiten gemeinsam an einem Mathe-Arbeitsblatt, das am Whiteboard sichtbar ist. Dort hängt auch ein magnetischer Wecker auf dem ein dreiminütiger Countdown läuft. Der Alarm geht los, der Lehrer ruft “two three three – all eyes on me”. Schlagartig wird es still.

Dasselbe beobachte ich bei den 4-Jährigen, die voller Begeisterung Tulpen in ihre Bestandteile zerlegen. Der Alarm geht ab, die Lehrerin gibt die Hände über den Kopf und ruft  “Hands on top – that means stop”. Ed, immer auf der Suche nach Verbesserungspotenzial, ergänzt “Lasst uns das nochmal versuchen.” Erst beim zweiten Durchlauf von “hands on top” ist Ed zufrieden. “Danke. Es ist sehr wichtig, dass wir das alle gut lernen. Bis bald!” Damit geht es weiter in die nächste Klasse.

 

Edutech

In den Klassen sind nur die Laptops der Lehrer*innen zu sehen, keine Tablets, keine Laptops von Schüler*innen. Die kommen zu Hause zum Einsatz. In Mathematik verwendet die Schule ein Tool mit dem Namen HegartyMaths. Im Gegensatz zu den bekannten Erklärvideos der Khan Academy ist diese Website rund um die Lehrkraft gebaut und wird von der Schule für Hausübungen und für die Einführung neuer Inhalte eingesetzt. Die Kinder sehen sich zu Hause kurze Videos an und absolvieren direkt im Anschluss daran die dazugehörigen Quizzes. Die Lehrkraft kann sofort sehen, wo die Schüler*innen noch Schwierigkeiten haben und auch wann sie ihre Hausübungen machen und wie lange sie dafür benötigen. Auch beim Einstufen von Schüler*innenarbeiten (No More Marking) und bei der Lehrer*innenentwicklung (Powerful Actionsteps) kommt Edutech zum Einsatz.

 

“Innovativ sind wir nicht”

Als “innovativ” will Ed sich selbst und seine Schule allerdings nicht bezeichnet wissen.

“Im Bildungsbereich braucht auch meist nichts Neues erfunden werden. Was den Unterschied macht, sind die konsequente Umsetzung und die Qualität der Lehrkräfte”, sagt er.

ReachFeltham ist auch nicht Teil der “21st century skills Bewegung”, bei der projektbasierter Unterricht und Offenes Lernen im Zentrum stehen. “Das funktioniert für 70 % der Kinder, diejenigen mit Lernrückstand kommen dabei aber oft zu kurz. Wir müssen alle mitnehmen” stellt Ed dazu trocken fest. “Unterricht muss auch nicht immer lustig sein, die Inhalte müssen nicht in spaßige Aktivitäten eingepackt werden, der Inhalt selbst soll interessant sein”, beschreibt er den Anspruch an seine Lehrkräfte.

In der Klasse kann ich das sehen: Die 9-Jährigen lernen mit Begeisterung über die englischen Monarchen (Elisabeth hat die meisten Fans). Alle sind mit großer Ernsthaftigkeit am Werk. Nur in der Klasse einer ganz neuen Lehrerin scheinen die Siebenjährigen zwar geschäftig, aber unfokussiert. Amrit kann nicht sagen, wozu er gerade die Fläche eines Würfels ausgeschnitten hat. Das regt Ed auf. “Ich werde der Lehrerin gleich am Nachmittag Feedback geben”, sagt er auf dem Weg in die nächste Klasse.

 

Ein bisschen wie Fußballtrainer

ReachFeltham verlangt seinen Lehrkräften einiges ab. In den 18 Stunden, die sie pro Woche unterrichten, müssen sie alles geben. Die Lehrkräfte verdienen von Jahr zu Jahr mehr und es wird auch erwartet, dass sie immer mehr Verantwortung übernehmen. Weil es an der Schule klare Hierarchien gibt, ist das auch möglich. Neben dem Schulleiter gibt es zwei Stellvertreter*innen und drei “Assistant Head Teachers”, Fachleiter*innen (z.B. “Head of Math”) für die gesamte Schule sowie Jahrgangsleiter*innen (“Head of Year 7). Diese Heads verdienen zwischen 7 % und 20 % mehr als andere Lehrer*innen und haben eine geringere Lehrverpflichtung (z. B. Head of Math oder Jahrgangsleiter*innen unterrichten nur 14 bzw. 12 Stunden pro Woche). Jede Position ist mit Zielen verbunden. Wer so nicht arbeiten kann oder will, von dem trennt sich die Schule wieder. Den Leistungsdruck spürt auch Ed.

Schulleiter*innen haben in Großbritannien viel Verantwortung und verdienen auch sehr gut. Ed verdient dreimal soviel wie sein jüngster Lehrer, an anderen Schulen kann es bis zu sechsmal so viel sein. Mit der Verantwortung kommt auch das, was die Briten “Accountability” nennen. Erreicht die Schule nicht die erwarteten Ergebnisse bei den nationalen Tests und ist die Inspektionsbehörde OFSTED nicht zufrieden, hat der Schulleiter 15 Monate Zeit, messbare Veränderungen herbeizuführen. Verändert sich zu wenig, verliert er seinen Job.

“Schulleiter sind ein bisschen wie Fußballtrainer – wenn die Ergebnisse nicht stimmen, bist du raus”, schmunzelt Ed.

 

Volle Autonomie

Schulleiter*innen in Großbritannien haben volle Finanz- und Personalautonomie. Ed muss seine Lehrkräfte selbst finden, auswählen, einarbeiten und entwickeln. Er sieht das als Vorteil:

“Könnte ich meine Mitarbeiter*innen nicht selbst aussuchen und entwickeln, wäre ich niemals Schulleiter geworden”.

Der Lehrer*innenberuf ist in Großbritannien unattraktiv, besonders in London, wo die Wohnkosten hoch und die Pendelzeiten lang sind. Ed ist selbst über TeachFirst UK Lehrer geworden und hat an mehreren Schulen unterrichtet bevor er ReachFeltham gründete. Für ihn sind die 1.500 Lehrkräfte, die jährlich das TeachFirst UK Fellowprogramm abschließen, der wichtigste Recuritingpool: zwei Drittel seiner Lehrkräfte sind ehemalige TeachFirst Fellows. Die meisten Lehrer*innen sind jung.

Über 5 Millionen Pfund kann Ed als Schulleiter jährlich frei verfügen. Nicht nur das, die Schule macht auch eigene Umsätze, indem sie die Turnhalle an eine Tanzschule, die Aula sonntags an die lokale Kirche und den Fußballplatz an Fußballvereine vermietet. Auch Geburtstagsparties für Kinder inkl. Hüpfburg und Animation bietet die Schule an Wochenenden an. So kommen jährlich rd. 100.000 Pfund zusätzlich zusammen.  Die Autonomie in Großbritannien hat auch ihre Schattenseiten: Korruptionsfälle kommen besonders bei größeren Schulketten immer wieder vor.

Wo Ed spart und wo er investiert, will ich wissen: “Wir sparen bei den Gehältern der Führungskräfte und bei der Ausstattung und investieren in das Begleitlehrer*innensystem und zusätzliches Coaching für einzelne Schüler*innen.”

 

“Warmstrict”

Am zweiten Tag stehe ich im Pausenhof und stelle fest, dass an dieser Schule etwas Wesentliches fehlt: Lärm. Die Kinder bewegen sich ungezwungen aber leise, für meinen Geschmack zu leise. Ed nennt das “respectful quiet”. Das Verhalten der Kinder ist kein Zufall, sondern Produkt eines ausgeklügelten Systems, das sich “Warmstrict” nennt. Lehrerin Sarah, die im ersten Schuljahr ist, erklärt es mir so: “Wir wissen, dass die Beziehung zwischen den Schüler*innen und der Lehrkraft großen Einfluß auf den Schulerfolg hat. Deshalb investieren wir hier viel. Jede Lehrkraft betreut neben dem Fachunterricht als Begleitlehrer*in 15 Kinder jeden Tag individuell.

“Ich spreche morgens kurz mit meinen 15 Schüler*innen und nachmittags während der Lernstunde auch länger. Wir kennen die Kinder.” Sarah ist eine Quereinsteigerin Anfang 40, war vorher Eventveranstalterin in der City und ist jetzt im ersten Unterrichtsjahr.

Die Kinder sind mit den Lehrer*innen per Du. Für diese gehört es dazu,  proaktiv Teile ihrer eigenen Biographie mit den Schüler*innen zu besprechen. Wenn es drauf ankommt, sind sie auch abends und am Wochenende für sie erreichbar.

“Wir investieren viel in die Beziehungen, fordern aber im Gegenzug konsequent die Einhaltung der Regeln ein”, ergänzt Ed. Über ein System von “merits” und “demerits” werden Anreize für regelkonformes Verhalten geschaffen. Laufen, Raufen, ja selbst das Springen über Stufen sind im Schulhaus verboten und ziehen sofortige Konsequenzen nach sich. Wir glauben an die “Broken Window”-Theorie, erklärt Ed: “Indem wir kleine Vergehen nicht tolerieren, ersparen wir uns die großen Themen.”

Alle Schüler*innen bekommen am Ende der Woche einen “payslip”, der Punkte aufweist. Punkte sammelt man z. B. durch pünktliches Erscheinen. Alle, die am Freitag genug Punkte haben (die Mehrheit der Klasse), können Freitagvormittag, in der sogenannten “Enrichment” Zeit, selbst entscheiden, was sie machen wollen. An diesem Freitag stehen “crazy science” Experimente und Kochen zur Auswahl. Die anderen “reflektieren” in der Zwischenzeit mit einem/einer Lehrer*in und lernen versäumte Inhalte nach. Verhaltensverstöße werden sofort und ohne viel Aufhebens behandelt. “Martin, you did not stop chatting when I told you to stop, this is a demerit” – der Teaching Assistant notiert den Minuspunkt pflichtbewusst neben dem Namen des Schülers. Bei drei solchen Punkten bis zur Mittagspause muss der/die Schüler*in sein Mittagessen alleine und getrennt von den anderen zu sich nehmen. Verbessert sich das Verhalten nicht, heißt es nach der Schule Nachsitzen, in letzter Konsequenz werden Kinder auch auf Zeit von der Schule ausgeschlossen. Wer genug Punkte bis zum Jahresende sammelt, kann mit auf die Klassenfahrt. Manche müssen zu Hause bleiben.

“Warmstrict” also erklärt die im gesamten Schulhaus spürbare, fast schon erschreckende Ernsthaftigkeit. “Habt ihr auch Spass hier?”, will ich von einer Gruppe 16-Jähriger wissen. Die Antworten sind verhalten. Tatsächlich hat Ed Schwierigkeiten, gerade 16-Jährige an der Schule zu halten. Manche wollen das hohe Pensum nicht noch zwei Jahre durchhalten, andere suchen einfach eine Veränderung. Die Schule hat darauf reagiert: 16-Jährige müssen keine Schuluniformen tragen, ihr Schultag beginnt erst um 09:30 Uhr, in ihrem Gruppenraum stehen gemütliche Sofas statt der harten Bänke. Beim Arbeitspensum gibt es allerdings keine Abstriche, denn Ed möchte, dass seine Absolvent*innen die Chance haben, in den besten Universitäten des Landes aufgenommen zu werden. “Ob sich meine beiden Kinder hier wohlfühlen würden”, frage ich mich. Ich glaube ja.

 

Elternarbeit noch vor dem Schulstart

Würden meine Kinder hier zur Schule gehen, hätte auch ich als Vater wohl eine sehr enge Verbindung zu ihren Lehrer*innen und der Schulleitung. Eltern werden von der Schule schon früh einbezogen: Noch vor dem ersten Schultag macht Ed mit einer Kollegin einen Hausbesuch, um das Umfeld und die Vorgeschichte des Kindes kennenzulernen. Dabei werden gegenseitige Erwartungen besprochen. Die Erwartungen der Schule an die Eltern sind eindeutig: Eltern sollen mit dabei sein – nicht als Nachhilfelehrer*innen ihrer Kinder, sondern als verlässlicher Partner in Erziehungsfragen.

Bei diesen Hausbesuchen wird auch besprochen, wo und wann die Kinder ihre Hausübungen machen werden, wann sie schlafen gehen und was sie zum Frühstück essen. ReachFeltham fühlt sich für die Schüler*innen auch außerhalb der Schule verantwortlich. Wenn Schüler*innen vormittags müde oder hungrig zur Schule kommen, werden die Eltern kontaktiert.

“Es kam auch schon vor, dass wir eine Familie eine Woche lang abends besucht haben, um ihnen zu zeigen, wie sie ihr Kind ins Bett bringen.”

Dieser Aufwand hat auch handfeste Gründe: “Unsere Testdaten zeigen, dass jene Schüler*innen die größten Fortschritte machen, die mit Schule und Eltern die besten Beziehungen haben.” Es kommt auch vor, dass die Eltern die Schule um Unterstützung bei Erziehungsaufgaben bitten. “Im Schrank da hinten liegen 15 X-Boxes, die uns die Eltern während der Prüfungszeit geben, weil sie nicht mehr kontrollieren können, wie viel ihre Kinder in der Nacht spielen.” Die Schule hat auch 10 alte Leihhandies, die auf Zeit gegen die Smartphones der Schüler eingetauscht werden, wenn sie zu viel Zeit auf Social Media verbringen.”

 

Was den Unterschied macht

Was er in den letzten sechs Jahren gelernt hat, will ich wissen. “Ich würde heute nicht mehr Lehrer werden und eine Schule gründen, sondern in den frühkindlichen Bereich gehen. Es sind die Kindheitstraumata, die späteren Schulerfolg so schwer machen. Im frühkindlichen Bereich liegt der größte Hebel.”

Diese Erkenntnis hat Ed dazu bewogen, gemeinsam mit der NGO Save the Children ReachHub zu gründen – eine Organisation, die Kurse für (werdende) Mütter und Väter anbietet und sie so schon sehr früh an die Schule bindet. Im Alter von 0 bis 3 Jahren ist der Staat in Großbritannien am wenigsten präsent, genau in dieser Zeit ist die Überforderung der Eltern oft am stärksten.

Im nächsten Moment erfahren wir, dass Katie, die Lehrerin, die er uns zuletzt vorstellen wollte, doch nicht kommen kann. Justin, ein Schüler mit Sonderbedarf, den ich gestern noch stolz beim Lösen einer Aufgabe an der Tafel gesehen hatte, hat eben in einem Wutausbruch eine Flasche auf einen Lehrer geworfen und ihn knapp verfehlt. “Es sind die Kinder, die in den ersten Lebensjahren zu wenig Liebe und Sicherheit erfahren haben, mit denen wir uns am schwersten tun”, seufzt Ed.

Wie er selbst seine Schule bewerten würde? “Ich glaube wir sind bei 6,5 von 10.” sagt er mit britischem Understatement. “Denn 15 bis 20 % unserer Absolvent*innen werden nicht die Möglichkeiten haben, die sie verdienen.”

Das nächste Backsteingebäude ist schon in Planung. Direkt neben der Schule wird eine alte Kaserne aufgelassen. Hier wird um 30 Millionen Pfund ReachFeltham II entstehen. Diesmal mit drei Klassen pro Jahrgang und insgesamt 1.400 Schülern. Backstein für Backstein.

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